Mein erster Versuch nach Südamerika aufzubrechen, scheiterte an der Pandemie. Aber auch mein zweiter Anlauf stand unter keinem guten Stern, denn drei Tage vor Abflug riss sich mein Holder die Achillessehne. Statt unsere Rucksäcke zu packen und endlich zum in Südamerika verweilenden Töchterlein aufzubrechen, standen Notfallambulanz, Untersuchungen und die Vorbereitungen auf die Operation auf dem Programm. Während das großartige Ärzt:innenteam im KH-Kufstein die Sehne flickte, machte ich mich mit meiner Freundin Rosi auf den Weg zum Flughafen – schlechtes Gewissen mit im Gepäck.
Die Entwarnung kam noch, ehe wir Richtung Argentinien abhoben, OP perfekt verlaufen – mein Göttergatte wohlauf. Leichte Entspannung machte sich endlich in mir breit. Das Wiedersehen mit meiner Tochter Magdalena und das frühlingshafte Buenos Aires trugen dazu bei, mich ganz auf Südamerika einlassen zu können. Die Reise führte uns nach einigen Tagen in der argentinischen Hauptstadt über den Río de la Plata nach Uruguay. In Colonia del Sacramento und Montevideo schnupperten wir nochmals urbane Luft, ehe wir in den wilden Norden aufbrachen. Überall stießen wir auf eine Freundlichkeit und Herzlichkeit, die ich in Europa oft vermisse. Trotz schwieriger Wirtschaftslage und politischer Unruhen trafen wir ausschließlich lebensfrohe Bewohner:innen, die uns hilfsbereit zur Seite standen.
Bei unserem letzten Stopp in Uruguay wärmten wir uns im bis zu 48° C heißen Thermalwasser von Salto nochmals auf, um in die tropische Hitze des Dschungels aufzubrechen. Das Spektakel, das uns in Puerto Iguazú erwartete, lässt sich kaum in Worte fassen. In mehreren hundert einzelnen Fällen stürzt der bis dahin 1 300 km lange Fluss bis zu 70 m tief hinab: ein Naturwunder. Neugierig wie wir sind, musste auch noch ein Abstecher nach Brasilien her, der sich als absolut glücklich herausstellt.
Gemeinsam mit Rosi fliege ich weiter in den Nordwesten Argentiniens. Während der Nachwuchs Richtung Paraguay abdüst, schlagen wir Oldies unser Lager in Salta auf. Eine perfekte Wahl, um die Schönheiten der Anden zu entdecken. Von dort treten wir nach drei Wochen die lange Heimreise an, wo mich mein Schatz erwartet. Das Wadel fest in einen Stützschuh gepackt, die Krücke stets griffbereit und ein breites Grinsen im Gesicht.
Dieser Tage und Wochen erzähle ich meinem Patienten von den liebenswerten Menschen, die mir in Südamerika begegnet sind, von den atemberaubenden Landschaften, dem riesigen Steak auf meinem Teller, den Tangotänzer:innen und der unbändigen Lebenslust, die mich eingehüllt hat. Wir sind uns einig, wie recht er hatte, der große Philosoph und Schriftsteller Voltaire, als er einst festhielt: „So viel ist sicher: Reisen tut immer gut!“