Felsblöcke ohne Ende in Frankreich

„Noch einmal die Herbstsonne genießen, ehe der erste Schnee fällt!“ Frei nach diesem Motto machte ich mich mit dem besten aller Göttergatten, nämlich dem meinen, in der letzten Oktoberwoche auf den Weg in die Wälder nach Fontainebleau, Frankreich. Dies bedeutete zehn Stunden Fahrzeit oder 1.000 Straßenkilometer, die Reise mit dem Auto dorthin ist lang, aber sie zahlt sich definitiv aus. Etwa 50 Kilometer südlich von Paris erwarteten uns nicht nur die entzückende Kleinstadt Fontainebleau (15.400 Einwohner) mit ihrem berühmten Renaissanceschloss, sondern auch an die 25.000 Boulderprobleme, die in der Île-de-France erschlossen sind. 

Sportlich sollte unsere Ferienwoche auf jeden Fall werden! Die Gegend um Fontainebleau ist für Naturfreaks und Boulderer (bouldern bedeutet klettern ohne Seil in Absprunghöhe) das Allerhöchste, wenn auch nicht in Höhenmetern gemessen. So liegt die erhabenste Erhöhung gerade mal auf 144 Metern über dem Meer, aber von dort ist der Ausblick einfach überwältigend. Der Laubwald erstreckt sich über eine Fläche von 25.000 ha und ist von 7.000 Tier- und 3.000 Pilzarten bevölkert. Ein schier unendliches Wegenetz zieht sich durch diese unglaubliche Gegend. Bizarrste Sandsteinformationen, wüstenähnliche Lichtungen, verwunschene Ecken lassen die Herzen der Besucher*innen aus aller Herren Länder höherschlagen. So auch unsere!

Unser Basislager sollte typisch für die Gegend sein, daher buchten wir ein kleines Gîte in Achères la Forêt, eines der vielen verschlafenen Dörfern der Île-de-France. Das charmante Steinhäuschen war hervorragend ausgestattet und wir fühlten uns sofort wohl. Bereits der Tag nach unserer Ankunft stand ganz im Zeichen des Boulderns. Hochmotiviert und immer mit der warmen Herbstsonne als Begleitung machte der Tag den Auftakt zu fünf wunderbaren Klettertagen – unterbrochen nur durch gemütliche Picknicks, Fachsimpelei mit anderen Boulderfreaks und einem Tag Kultur.

Unsere abgeschürften Finger und beleidigten Muskeln dankten uns den Ruhetag und wir kamen in den Genuss, das im 16. Jahrhundert erbaute Schloss Fontainebleau zu besichtigen. Allein dieses Château ist eine Reise wert. Die Ausstattung des ersten Renaissancebaus auf französischem Boden per se ist schon beeindruckend. Seine Höfe, die Kapelle, die Prunkräume, Fresken und Gärten und nicht zuletzt das Napoleon-Museum (Napoleon Bonaparte unterschrieb in diesen Gemäuern 1814 seine Kapitulation, Vertrag von Fontainebleau) und die Papstgemächer bieten Schmuckstücke der Extraklasse. Von wegen Rasttag – die Schlossbesichtigung machte uns genauso hungrig wie das Klettern. Abhilfe ließ sich schnell mit französischen und internationalen Köstlichkeiten in einen der vielen Bistros oder Restaurants in Fontainebleau schaffen.

Übrigens, wir kommen wieder in dieses weltweit bekannte Bouldergebiet, in dem das Bouldern sogar erfunden wurde. Bereits um 1900 bestiegen die sogenannten „Bleausards“ (Name der einheimischen Kletterer) diese berühmten Sandsteinfelsen, wovon es unendlich viele gibt. Au revoir!