Auf keiner der kanarischen Inseln bestechen die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft mehr als auf Lanzarote. Karge Landschaft, 300 Vulkankegel, weiße und wenig schwarze Traumstrände, Weinreben und viele Spuren des großartigen Künstlers César Manrique machen die Insel zu einem Gesamtkunstwerk.
Dies galt es im August 2021 zu entdecken. Mit von der Partie waren meine Tochter Magdalena und drei weitere Reiselustige. Unser Quartier war ein Ferienhaus ganz im Süden, in Playa Blanca, das noch nicht komplett vom Massentourismus überrollt wurde, von wo aus wir das Eiland via Mietauto und Bus erkundeten. Im Gegensatz zu den nicht endenden kurvigen Bergstraßen von Gran Canaria finden sich auf Lanzarote schnurgerade Straßen, die dich rasch von einem Ort zum anderen leiten.
Allein das Reisen auf Lanzarote ist ein wahre Freude, denn die Natur präsentiert sich in dramatischen Farben und Formen. Nur ein paar Kilometer von Playa Blanca entfernt liegt das Kap Punta del Papagayo, eine der schönsten und viel besuchten Naturlandschaften der Kanaren mit goldfarbenen Buchten und türkisfarbenen Wellen. Verlässt man den touristischen Süden und macht sich auf in den erfrischenden Kontrast des Nordens, so sei ein ganz besonderer Ort erwähnt: Punta Mujeres. Dieses verschlafene Nest liegt umgeben von herrlichen Naturschwimmbecken und hier scheint die Zeit still zu stehen. Unweit davon finden sich die interessantesten Meisterwerke von César Manrique (1919-1992).
Kein anderer hat die Insel so geprägt wie er. Sein hartnäckiges Eintreten für den Erhalt traditioneller Architektur und den Schutz der Umwelt sorgten dafür, dass die Insel von allzu großen Bausünden verschont blieb, dass auch heute noch weiß getünchten Häuser an der Küste blau, im Landesinneren grün gestrichene Tür- und Fensterläden haben und dass nicht in die Höhe gebaut wird. Die Verbindung von Mensch, Kunst und Natur lässt sich heute im von Manrique in einem alten Steinbruch geschaffenen „Jardín de Cactus“ (1500 Kakteenarten aus der ganzen Welt), im Lavatunnel „Jameos del Agua“ (vulkanische Höhle mit Grotte, See, Restaurant, Pool und Konzerthalle), in der Höhlenanlage „Lagomar“ (sogar Omar Sharif lebte einst hier und verlor es bei einem legendären Bridgespiel) oder in seinem Wohnhaus „Fundación César Manrique“ (unglaublich) erleben – um nur einige Beispiele zu nennen.
Seine Finger ebenso im Spiel hatte er im Nationalpark Timanfaya – wohl eines der Topziele auf Lanzarote – wo er den Haupteingangsbereich entwarf. Im Herzen des 51 km² großen Naturschutzgebietes befinden sich die 30 Feuerberge, die bei Vulkanausbrüchen zwischen 1730 und 1736 entstanden sind. Hingegen zerstört wurden über 200 km² Land sowie 50 Dörfer. Diese Mondlandschaft lässt sich heute nur mehr im Rahmen einer Bustour (sehr empfehlenswert) oder bei den raren, geführten Wanderungen erleben.
Klein, aber fein präsentiert sich Lanzarotes Weinregion. Vergebens sucht man Weingärten, in denen die Reben in ordentlichen Reihen wachsen, stattdessen findet man eine abstrakte vulkanische Landschaft mit kleinen halbmondförmigen Steinmauern gesprenkelt. In den Mulden, hinter den Mäuerchen wachsen vom Wind geschützt niedrige Weinreben. Genau informiert über die harte Arbeit und den geringen Ertrag wird man übrigens bei einer Führung in einer Bodega.
So viel Natur verlangt auch nach Städten und Dörfern: Besonders sehenswert sind die Hauptstadt Arrecife (wenig Touristen, schöne versteckte Ecken, wunderbarer Stadtstrand), Haría (buntes Dorf in einem palmenbestandenen Tal) und El Golfo (am Ende der Welt).Wer Zeit hat und eine Insel ohne Straßen dafür mit viel Sand erleben will, dem sei ein Tagesausflug auf die achte kanarische Insel (seit 2018) La Graciosa empfohlen. 30 km² klein, 600 Einwohner*innen zählend, erreicht man dieses Eiland in knapp 30 Minuten mit der Fähre von Órzola ganz im Norden von Lanzarote und taucht in eine gänzlich andere Welt ein. Apropos andere Welt – ich bin schon sehr gespannt auf Fuerteventura!